Dienstag, 24. Januar 2012

Russland, wir kommen!


Warum es den Eisernen Vorhang irgendwie immer noch gibt und Vegetarier ein Vorab- Training brauchen

Die JUKI „paXt an“. Das tut sie zwar jetzt schon länger und auch sehr ausführlich (…und so manchem JUKIler entlockt der Schriftzug des Logos allein schon einen Seufzer…;-) ), aber jetzt sind wir auf der Zielgeraden: die Fahrt nach Moskau und Kursk steht im Sommer auf dem Programm; für Kids startet im März die PaX- an- Projektreihe „Abenteuer Neuland“. Wir haben uns zwei Jahre Zeit genommen, um uns mit Russland, mit der sicher komplizierten Geschichte von Deutschen und Russen, mit Versöhnung und Ökumene zu beschäftigen. In dieser Zeit ist einiges passiert: DIKOs, Schulungen und Verbandsjugendtage standen im Zeichen von „PaX an!“, der AK Spiri besuchte die russische Gemeinde in Darmstadt, unser Russlandblog ging online, wir haben eine Ausleihkiste mit Büchern und Filmen zum Thema zusammengestellt, werden noch russisch kochen (gebacken haben wir schon) und auch die Kistus kennen sich aus mit U-Bahn- Plänen in Moskau und kyrillischer Schrift.
Aha, dachten wir: wir sind bestens vorbereitet für die Planungen unserer Fahrt nach Kursk! Kann ja nicht so schwer sein… Irrtum!
Was sich als besonderes Relikt aus der Zeit des Eisernen Vorhangs in Russland gehalten hat ist die Skepsis gegenüber „dem Westen“ und ein wahrer Kontrollzwang von Behördenseite. Mit dem Konsulat Kontakt aufzunehmen ist weder telefonisch noch per Email ohne weiteres möglich. Und als das Telefonat gelang, fühlte ich mich wie ein Staatsverbrecher mit Attentatsabsichten: ob ich wohl wieder gedenke auszureisen? Ob ich das auch beweisen könne (Arbeitsvertrag wäre gut; Nachweis über Wohneigentum; Geburtsurkunden der Kinder- alles im Original natürlich). Wann ich in Russland wohin reisen wolle- nach Kursk?! Was wollen Sie in Kursk? Haben sie Verwandte in Russland?
Ah ja, wieder was gelernt: „kundenorientierte Servicecenter“ gibt´s in Russland nicht. Teil 2: die Ticketbuchung. Diesmal mit „Servicecenter“. Das hat die Lufthansa nämlich. Kundenorientiert? Naja. Warteschleifen über Warteschleifen. Nach einer Viertelstunde dann eine genervte Call- Center- Angestellte: Gruppenreise? Welche Gruppe? Wohin? Wann? Welche Sitzplätze? Namen der Teilnehmer zwecks verbindlicher, namentlicher Platzreservierung? Wie- da kann sich kurzfristig noch was ändern? Dann geht das so nicht. Ich verbinde sie weiter. Warteschleife… etc.
Schön.

Wie gut, dass es das Ferienwerk gibt, das nützliche Tipps zum Umgehen des Lufthansa- Servicecenters gibt…
Und dann: die „Kursker“. Das ist unserer Partnergruppe. Gesichter hat sie leider immer noch nicht. Jugendarbeit sieht hier eben anders aus als dort. Die Planung ist Sache des Pfarrers- nicht der Jugendlichen. Und Absprachen trifft man eher kurzfristig und auch eher aus dem Bauch heraus: „Ist doch erst im Sommer. Bis dahin findet sich eine Lösung.“ Aha. Eigentlich hätten wir planungswütigen Deutschen die klaren Ansagen zu Unterkunft und Verpflegung zwecks Kalkulation ja gerne so etwa im Januar… Njet.
Kennen lernen wollten wir unsere Partner in Kursk aber schon vorab, und zwar nicht nur den Pfarrer: wir haben Karten gebastelt, geschrieben (und übersetzen lassen) und nebenbei beim ersten Vortreffen gelernt, wie man Tee aus dem Samowar trinkt und warum Vegetarier in Russland keine Überlebenschance haben- was ein fünftel unserer „Besetzung“ in Panik versetzte: ein Trainingslager zum Fleischessen müsse her! Kein Ding- das lässt sich einrichten ;-)
Die Karten haben wir mit einem Weihnachtsbrief nach Kursk geschickt und waren optimistisch: vielleicht können wir auf dem guten, alten Postweg mit den Jugendlichen ins Gespräch kommen- mal ohne die Zwischeninstanz Pfarrer. Fatal Error. Der Brief ist nämlich bis heute nicht angekommen. Ist aber auch erst zwei Monate unterwegs…
Eine Spitzenmeldung erreichte uns kurz vor Weihnachten: wir sind anerkannte Gruppe im Jugendaustausch, unser Förderantrag liegt nun bei der Stiftung Deutsch- Russischer Jungendaustausch und das heißt zumindest, dass die Frage der Visa etwas vereinfacht wird. 
Manchmal frage ich mich, warum wir uns nicht eine Partergruppe in Österreich gesucht haben. Oder in Frankreich. Und Italien soll ja auch schön sein.
Nein, genau deswegen: weil Russland komplett anders ist und weil wir mit „PaX an!“ die unglaublich Chance haben, diesem „Ganz- Anders“ auf den Grund zu gehen. Ich bin sehr gespannt auf die Jugendlichen dort und ihre Lebenswelt: vermutlich verdrehen die gerade den Kopf über unserer deutsche Antragsflut, die sie unterzeichnen, gegenzeichnen und in Kopie weiterreichen müssen….Ist ja schließlich erst im Sommer. Tja, die Welten sind verschieden. Ist das nicht toll?   

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen